Die Frage nach dem Warum gilt als zentral – im Kunstbetrieb, in Gesprächen über Werke, in Interviews: Was will uns die Künstlerin damit sagen? Warum machst du das eigentlich?
Und ehrlich gesagt: Ich wüsste es selbst manchmal gerne. Denn ich arbeite künstlerisch, weil ich einen inneren kreativen Drang dazu habe. Ich will Dinge machen, entwickeln, ausprobieren. Die Dinge aus meinem Kopf in die Welt tragen.
Das bedeutet aber auch, dass ich nicht primär inhaltlich getrieben arbeite, sondern den Prozess selbst liebe. Ob es nun das Erstellen eines neuen Druckstocks ist oder das Malen auf Papier, Leinwand oder Holzresten.
Ich liebe die haptischen Aspekte meiner Arbeit: das Gefühl des Messers, das durchs Linoleum zieht, oder den Anblick der Farbe, die ich mit Pinseln oder mit der Hand über die Leinwand vorantreibe. Diese körperliche Erfahrung ist ein Kern meines Schaffens.
Dennoch habe ich Themen, die mich begleiten und meine Arbeiten gruppieren.

Die Zeichen und Glyphen
Diese Arbeiten sind grafisch einzuordnen. Es geht um verlorengegangene Informationen, die nur noch als Fragmente erhalten sind. Gebrochene Lettern und Zeichen – alles Relikte einer Botschaft, deren Inhalt verloren gegangen ist.
Ohne diese Verbindung wird ein Raum frei, der Betrachterinnen ermöglicht, ihre eigenen Botschaften hineinzulesen. Ich habe nur bis zur Fertigstellung Macht über den Inhalt. Doch sobald jemand meine Bilder anschaut, beginnt eine neue Erzählung. Die Deutung liegt beim Gegenüber.
Das ist weniger meine Absicht hinter den Arbeiten als vielmehr meine Beobachtung, auf die ich mich immer wieder gerne im Austausch mit Betrachterinnen einlasse.
Die botanischen Charaktere
Warum Blütenköpfe? Auch hier folge ich meiner Intuition. Ich suche mir Pflanzen als Ausgangsbasis meiner Bilder, die einen eigenen Charakter haben, aber kein Blumenstraußleben führen – sondern eher Einzelgänger sind.
Im Laufe des Malprozesses verändern sie sich: ihre Laune, ihr Ausdruck, ihre Haltung. Ich folge diesen Verschiebungen, und oft weiß ich selbst erst spät, wohin sich ein Bild entwickelt.
Oft genug lande ich an einem Punkt, an dem ich ein Bild aufgeben möchte. An dem ich nicht weiß, wie ich es zu einem halbwegs befriedigenden Schluss bekomme. Doch genau an diesem Punkt passiert oft etwas Elektrisierendes – und ungelogen, fünf Minuten später fühle ich mich auf einem guten Weg.
Aber wenn ich ehrlich bin, gibt es auch genug Bilder, die wieder abgeschliffen und neu grundiert werden. Manchmal scheint bei meinen Bildern eine dieser Schichten durch. Das ist erlaubt. Und es ruft mir immer wieder ins Gedächtnis, dass es auch in Ordnung ist, loszulassen und neu anzufangen.


Die beiläufigen Landschaften
Aus meinen Palettenblättern entstehen häufig eigene Bilder. Am allerhäufigsten sind es Landschaften.
Warum? Huh. Wie gesagt: Das wüsste ich auch gerne.
Die Motive auf diesen Bildern entstehen intuitiv und ungesteuert. Ich mische hier meine Farben für die Leinwand vor oder streiche überschüssige Farbe ab, bevor die Pinsel gewaschen werden.
Aber es gibt immer wieder einen Moment, in dem ein Oben und ein Unten entsteht – ein Punkt, an dem Vorder-, Mittel- und Hintergrund klar werden.
Hier genieße ich die absolute Befreiung von jeglichem Ziel. Keines dieser Blätter muss ein Ergebnis bringen. Einige Blätter haben etliche Schichten in sich. Andere werden kaum benutzt, bevor ich sie als eigenes Ergebnis zur Seite lege.
Die Palettenblätter sind ein willkommenes Beiwerk, aber kein Ziel. Sie entstehen – entgegen meiner sonstigen Vorliebe – nur auf billigem Papier, eben einer Unterlage, auf der ich Farbe ablegen kann.
Ich weiß nicht, ob jemand meine Liebe für diese Blätter teilt. Und im Gegensatz zu meinen „richtigen“ Bildern kümmert mich das auch nicht. Denn sie entstehen eigentlich nur für mich.
Und mein Fazit?
Ich folge meiner Neugier auf unterschiedlichen Wegen zu unterschiedlichen Zielen. Ich bewege mich zwischen Medien, Motiven und Bedeutungen – manchmal zielgerichtet, manchmal suchend.
Ich glaube, mein Warum ist kein Fixpunkt. Es ist eher ein Kompass. Er zeigt in eine Richtung, aber ohne Zielort. Es reicht mir, zu wissen, dass ich unterwegs bin.
3 fragen
Was inspiriert dich zu neuen Arbeiten?
Meist ist es ein Material, eine Beobachtung oder eine Farbe – selten ein festes Thema. Ich folge meinem Bauchgefühl.
Wie entstehen deine botanischen Motive?
Ich beginne oft mit Naturstudien, entferne mich dann aber im weiteren Prozess in abstraktere Formen.
Kann man bei dir auch Arbeiten in Auftrag geben?
Nein, denn ich genieße meine Freiheit in der künstlerischen Arbeit. Umso mehr freut es mich, wenn jemand etwas bei mir findet, das ihm gefällt.